dgsv-gross
dgsv

Die Verfeinerung der Wahrnehmung üben

In der Supervision haben wir es immer mit äußeren Realitäten zu tun. Diese sind Ausgangspunkt für Kontrakt und Auftrag. Die supervisorische Arbeit bewegt sich im Hier und Jetzt der Team- (Gruppen-) und Organisationswirklichkeit und der Wirklichkeit jeder einzelnen Person. Die aktuelle Situation der Supervisanden, das Team oder die Gruppe als Ganzes sind somit Bezugspunkt des supervisorischen Arbeitsprozesses. Supervision beschäftigt sich zuerst mit den äußeren Vorkomm-nissen und den manifesten sozialen Tatsachen. Aber sie forscht auch nach den darunter liegenden Beweggründen und Triebkräften.

Stellen Sie sich unsere Fachgruppe als ein Orchester vor. Als ein Ensemble in dem es verschiedene Instrumente gibt mit unterschiedlichen Höhen und Tiefen, verschiedene Klangfarben und unterschiedlichen Klangvolumen. Alle Gruppenmitglieder reagieren wie Musikinstrumente mit ihren spezifischen Resonanzmöglichkeiten. Die Stimmungen, Befindlichkeiten oder auch Persönlichkeitszüge der Gruppenmitglieder lassen sich als Instrument verstehen, das in dem Prozess zum Fallver-stehen spezifisch beiträgt. Alle Gefühle, Stimmungen, Phantasien und Einfälle der Gruppemitglieder sind erwünscht. In jeder Erzählung und Falldarstellung werden viele unbewusste Phantasien angestoßen. All diese Impulse sind erwünscht und die eingebrachten Selbstanteile werden in ihrer „eigenartigen“ Unterschiedlichkeit als Teil eines Ganzen aufgenommen. Die gemeinsame Arbeit besteht darin, die unterschiedlichen individuellen Reaktionen für das szenische Verstehen des Falls nutzbar zu machen. Auf diese Weise wird so durch Wahrnehmungs-erweiterung bisher Unverstandenes plausibel und verstehbar.

Mit Hilfe der Gegenübertragungsanalyse versuchen wir herauszufinden, wie Supervisanden es machen, dass Supervisoren*innen bestimmte Gefühle empfinden, die ein entsprechendes Verhalten zur Folge haben können. Gegenübertragung kann verstanden werden als der Einfluss der Supervisanden auf das unbewusste Fühlen des Supervisors oder der Supervisorin. Wenn Supervisoren und Supervisorinnen die Affekte und Gefühle, gleich welcher Art, die durch den interaktionellen Anteil einer Übertragung ausgelöst werden, bemerken, ist es zunächst ihre Aufgabe die induzierten Handlungsimpulse zu reflektieren und nicht ihnen unmittelbar Folge zu leisten.

Am Beispiel konkreter Situationen aus dem Beratungsalltag konnten wir unsere Wahrnehmung interaktioneller Dynamiken üben, schärfen und verfeinern. Diese zwei Tage im kollegialen Austausch waren wieder eine gute Erfahrung für die gemeinsame Weiterentwicklung der Qualität unserer supervisorischen Beratungspraxis.

Supervison Ravensburg